All Things Vintage: Deadstock & Dryrot
In der dritten Ausgabe von „All Things Vintage“ geht es um ungeborgene Deadstock-Schätze, wo man sie findet und um die Angst vor Dryrot (und wie man sich davor schützen kann)!
Was ist Deadstock?
„Deadstock“ bedeutet wörtlich übersetzt im Englischen „toter Bestand“. Damit gemeint sind alte Lagerbestände oder Restposten, die ungenutzt oder unverkauft herumliegen – oft in alten Lagerräumen, eingestaubten Läden oder gerne auch im hintersten Eck eines Kellers. Oft wird in dem Zusammenhang auch von „NOS“ („new old stock“) gesprochen.
Deadstock ist Vintage-Königsklasse: Schließlich sind die Teile im brandneuen Zustand, obwohl sie 20 oder 30 oder manchmal hundert Jahre herumlagen. Du hast eine Levi’s Jeans aus den 1950ern gefunden, am besten noch mit Etikett dran? Oder Du hast auf dem Flohmarkt ein originalverschweißtes Nirvana-Shirt von 1992 gefunden? Jackpot!
Wo findet man Deadstock (und welches Risiko gibt’s)?
Die erste Regel, um Deadstock zu finden, ist darum: Halte die Augen offen. Sieht ein Laden aus als ob er schon länger existieren könnte? Dann könnten da Schätze auf Dich warten. Hast Du im Laden nichts Altes gefunden, kommt die zweite Regel: Nachhaken! Frage nach, ob der Laden vielleicht noch ältere Ware hat, die grade nicht ausliegt. Höchstwahrscheinlich wird die Frage Dein Gegenüber erstmal verwundern, weil in Bekleidungsgeschäften generell gilt: „Alt = wertlos“.
Auf Flohmärkten gilt dasselbe: Die oder der Verkäufer*in bietet ein perfekt erhaltenes (aber offensichtlich altes) Stück an? Frag mal lieber nach, woher das kommt und ob es da noch mehr von gibt. Wir haben auf die Weise schon einige Raritäten gefunden!
Aber aufgepasst: Gerade weil alte Lagerbestände oft noch originalverpackt sind oder nie getragen wurden, sollte man ein paar „Gefahren“ kennen. Bei alten Stücken mit Kunstleder kann das Material bröckelig werden. Bei alten Sneakern mit Schaumsohlen – zum Beispiele einige Jordans – wird die Sohle porös und zerfliegt mit einem Schritt in tausend Teile. Lag ein Teil lange im Schaufenster, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die Oberseite des Artikels vollkommen verblichen (und der restliche Teil sieht brandneu aus, was echt komisch kommt). Bei Teilen aus tierischen Stoffen könnten sich Motten in aller Ruhe eingenistet haben. Und bei T-Shirts? Da geht in der Szene eine einzige große Angst um: Dryrot! Dazu mehr im übernächsten Punkt!
Was ist Dryrot?
Für „Dryrot“ gibt es im Deutschen keine richtige Übersetzung (was auch schon zeigt, wie wenig Leute außerhalb der Vintage Community davon wissen): Man könnte Dryrot zwar als „Trockenfäule“ übersetzen, aber von der spricht man eher bei Pflanzen wenn sie verhärtet oder morsch werden.
„Morsch“ ist aber kein schlechtes Stichwort: T-Shirts, die dryrot sind, lassen sich problemlos zerreißen. Und das nicht, wie wenn Wrestler sich im Ring theatralisch das Hemd zerreißen. Wenn ein Shirt „dryrot“ ist, kann man mit zwei Fingern daran ziehen und RATSCH hat es ein Loch (und ist untragbar).
Wie passiert so etwas? Dryrot ist die Folge einer chemischen Reaktion – die übrigens nur bei schwarzen T-Shirts auftritt! Bis in die frühen 2000er (und manchmal auch danach) wurden schwarze Shirts oft mit schwefelhaltiger Farbe eingefärbt. Das Problem dabei: Wenn so ein Shirt nie gewaschen wurde, wird der Schwefelanteil mit der Zeit unlöslich und „versäuert“. Der Schwefel greift so die Baumwolle an und macht das T-Shirt so porös, dass man es wie ein Blatt Papier zerreißen kann.
Was tun gegen Dryrot?
Die schlechte Nachricht zuerst: Gegen Dry Rot kann man absolut nichts tun. „In Milch einlegen“ etc. – das ist alles Humbug aus dem Internet und funktioniert definitiv nicht. Jetzt aber die gute Nachricht: Man kann ein Shirt mit einem einfachen Trick auf Dryrot prüfen, bevor man es überhaupt kauft.
Der Reiß-Test
Krempel dafür das Shirt um. Halte auf der Innenseite des Shirts ein Stück Stoff vom Saum mit Daumen und Zeigefinger fest – so als ob du es zupfst. Fixiere ein weiteres Stück vom Stoff zwei Zentimeter weiter mit dem Daumen und Zeigefinger deiner anderen Hand. Und jetzt zieh fest an beiden Stellen in entgegenliegende Richtungen.
Wenn der Stoff an der Stelle reißt, ist der Fall leider klar: Wir haben es mit Dryrot zu tun. Falls nicht, geh immer auf Nummer Sicher: Mach den Test jetzt auch an beiden Ärmelenden und vorsichtshalber auch noch an anderen Stellen des Shirts. Warum? Die Ärmel könnten aus einem anderen Stück Stoff als der Korpus vom Shirt hergestellt worden sein – nur weil ein Teil vom Shirt nicht dryrot ist, heißt das nicht, dass es die Ärmel nicht sind. Um ganz sicher zu sein, wiederhole das Ganze nochmal wenn das T-Shirt in der Waschmaschine war (und dann natürlich schon gekauft worden ist).
Eine kurze Erklärung: Dadurch, dass man am Saum der Innenseite zupft, ist das Shirt im Fall von Dry Rot nicht sofort zerstört. Immerhin könnte man es sich noch einrahmen – besser als nichts. Und gerade wenn man private Verkäufer*innen (online) bittet, diesen Test zu machen, können sie einem so nicht vorhalten, dass das Shirt jetzt komplett kaputt sei.
Es gibt übrigens auch noch weitere Anzeichen für Dry Rot: Das kann ein beißend säuerlicher Geruch sein. Ein starkes Glänzen der schwarzen Oberfläche. Außerdem schwarze Farbe an den Fingern, wenn man über das Shirt streicht. Oder damit einhergehend schwarze kleine Brösel, die sich beim Ausschütteln vom Shirt lösen. Das kann aber alles auch aus anderen Gründen auftreten – hundertprozentige Gewissheit bringt nur der Reiß-Test oben.
Und jetzt drücken wir Dir die Daumen, dass Du jede Menge Deadstock findest (und dass es nicht dry rot ist)! Wir kaufen übrigens auch an: Wenn Du also nicht wissen solltest, wohin mit Deinen Funden, schreibe uns einfach oder komm in unseren Mannheimer Store. Wenn die Stücke interessant für uns sind, nehmen wir auch gerne fünf oder 100 Stücke auf einmal ab :)
PS: In unserem aktuellen Deadstock Drop gibt’s natürlich kein Dry Rot (weil wir jedes Stück genau prüfen), aber seltene Band-Shirts und mehr aus den 90ern bis frühen 2000ern!